Was ein Tagesgeschnipsel ist? Ein paar Gedanken, Beobachtungen, Ideen, die den Charakter eines Tages festhalten.


Der erste Regen- 2018: ein trockener Sommer

Die Natur dürstet

Sie streckt dem Regen die Arme entgegen. 

Ein heftiger Schauer,

Ein kurzer Gruß

Schon ist Schluss. 

 

Der Wind pflückt die Tropfen dahin

Bevor sie die Wurzeln erreichen

Das muss reichen! 


30. April 2018- Montag

Vor dem Fenster steht ein Mann und leuchtet mit einer Taschenlampe in unsere Schlafzimmerfenster. Der Mann heißt Vollmond. 


30. April 2018- Montag

Verschlafen steht er vor dem Badezimmerspiegel. Der Traum quillt ihm aus den Ohren und den Nasenlöchern wie aufgehender Hefeteig. Aber woraus er besteht, daran kann er sich nicht erinnern. 


23. Februar, wieder Dienstag- Ich hab den Hippie gesehen

Ich habe den Hippie gesehen. In der Bahn. Ich habe den Hippie schon lange nicht mehr gesehen. Blonde, schulterlange Locken, blauer Kapuzenpulli. Die Kapuze hat er auf. Natürlich. Ist ja auch kalt. Die runde Brille hat Gläser in orange. Unrasiert ist der Hippie. Seine Jeans schwarz. Heute trägt der Hippie kein Jesuslatschen mehr. Turnschuhe mit Airsohle. Vielleicht hat ihm die sein Orthopäde empfohlen. Aber er hat  seinen Stoffbeutel dabei. Wenigstens den! Und er steigt erst im letzten Moment aus. Kurz bevor die Türen schon wieder zugehen. Dann erst schlurft er lässig zur Tür. Der Hippie ist auch älter geworden. Schön, dass wir zwei uns mal wieder begegnet sind, Hippie!

 


Dienstag, 09. Februar 2016/ Veilchendienstag

Wie gut, dass ich eine Viererkarte gekauft habe. Kaum stehe ich am Morgen vor der Bürotür und krame nach meiner Zutrittskarte, stelle ich fest: Micha hat versucht mich zu erreichen. Ich rufe zurück. Er hat Zuhause festgestellt, dass sich sein Autoschlüssel im Inneren des abgeschlossenen Fahrzeugs befindet. Den zweiten Schlüssel habe ich bei mir. Kurz alle Gehirnwindungen durchgerattert und festgestellt: ohne Auto fällt unsere gesamte ausgetüpftelte Tagesplanung an diesem schulfreien Tag in sich zusammen. Ich drehe auf dem Absatz um, jogge in Daunenmantel und Umhängetasche zurück zum Bahnhof West, steige atemlos und schwitzend in den nächsten Zug und fahre wieder zurück nach Sechtem, hüpfe in mein Auto, fahre nach Hause, schließe Michas Wagen beim Einbiegen in die Einfahrt mittels Fernbedienung auf, wir wechseln ein paar Worte wie „dumm gelaufen!“, „Tut mir leid“ durchs Fenster. Ich wende und flitze zurück zum Bahnhof. Ich steige wieder in den Zug nach Köln und erreiche anderthalb Stunden später als geplant meinen Arbeitsplatz. Und wofür das Ganze? Das muss doch irgendeinen Sinn gehabt haben? Für den folgenden Gedankenschnipsel. Denn der Zug, den ich dann erwischt habe, stammte aus den 1980er Jahren. Zeit für Erinnerungen.

 

Diese zwei Piktogramme habe ich als Kind oft und lange angeschaut, während dahinter Häuser, Hochspannungsmasten und Brombeergestrüpp vorbei gezogen sind und habe mich gefragt: wenn das abgebildete Ding auf der linken Seite eine Flasche ist, warum ist sie dann so groß? Und warum fällt sie nicht runter? Oder ist es  ein Kegel? Oder ein Schlüsselloch? Das Bild rechts war für mich ein Lehrer, der eine höhenverstellbare Tafel runter drückt, um ganz oben das Datum des Tages mit Kreide anzuschreiben.

Warum man diese beiden Bilder auf die Scheiben von Eisenbahnwaggons geklebt hat, habe ich mich nicht gefragt. Vermutlich, weil ich da bereist aussteigen musste.

 

Am nächsten Morgen sitze ich wieder wie gewohnt, mit einer neuen Viererkarte, in meinem modernen Zug und betrachte das Piktogramm neben dem Fenster. Was würde mir heute durch den Sinn gehen, wenn ich noch mal fünf Jahre alt wäre? Vorsicht heiße Herdplatte wäre ganz bestimmt dabei!